Die Kraft des Briefeschreibens

Dank Perspektivenwechsel zu mehr Liebe und Verständnis

In meinen Schreibwerkstätten gebe ich oft die Aufgabe, sich selbst einen Brief aus einer bestimmten Perspektive zu schreiben – drei Varianten und ihre Wirkung stelle ich euch hier vor.

Der Brief an das jüngere Ich

Solch ein Brief lässt uns die Herausforderungen, Ängste und Hoffnungen erinnern, die uns damals geprägt haben. Wir nehmen die Rolle eines wohlwollenden Mentors ein und bieten uns selbst das Verständnis, das wir damals vielleicht vermisst haben.

Ein Brief an das jüngere Ich ist oft auch ein Akt der Vergebung und Selbstakzeptanz. Durch die Distanz der Jahre können wir erkennen, dass Fehler und Unsicherheiten Teil des menschlichen Wachsens sind. Indem wir unserem jüngeren Ich vielleicht schreiben: „Du wirst es schaffen, selbst wenn es gerade nicht so aussieht,“ schenken wir uns Frieden und die Erlaubnis, den Weg, den wir gegangen sind, rückblickend zu ehren. Dieser Perspektivwechsel erlaubt es uns, aus der Strenge auszubrechen, mit der wir uns oft bewerten, und uns selbst mit liebevolleren Augen zu sehen.

Sehr hilfreich ist diese Perspektive auch, wenn du Kinder in eben diesem Alter hast – es schärft dein Verständnis für ihre jeweiligen Nöte, doch stärkt auch dein Vertrauen, dass sie ihren Weg gehen werden – so wie du deinen gegangen bist.

Der Brief von deinem 80-jährigen Ich

Dieser Brief ist ein mächtiges Instrument, um uns unserer Prioritäten im Hier und Jetzt bewusst zu werden. Wenn wir aus dieser Zukunftsperspektive schreiben, offenbart sich, wie oft wir in Eitelkeiten und Kleinigkeiten verloren gehen, und hilft uns dabei, die wichtigen Dinge priorisieren.

Hier kannst du aus der Zukunft deinem jetzigen Ich Tipps und Hinweise geben sowie aufschreiben, was du alles toll an deinem jetzigen Ich findest und worauf es sich noch freuen kann. Worauf blickt dein 80-jähriges Ich also zurück, wenn es dein Leben sieht?

Der Brief aus der Perspektive der reinen Liebe

Ein Brief, der aus der Perspektive der reinen, bedingungslosen Liebe geschrieben ist, hat die Kraft, tiefen inneren Frieden und Selbstmitgefühl hervorzurufen. Wenn wir uns vorstellen, einen Brief an uns selbst oder an andere zu schreiben, als wären wir reine Liebe, stellt das unsere oft wertenden Gedanken auf den Kopf. Reine Liebe kennt kein Urteil, keine Bedingungen und kein Bedürfnis nach Kontrolle oder Veränderung.

Liebe steht jenseits von Leistung, Aussehen oder Erfolg. Sie ist einfach da, als unterstützende Kraft, die uns im Innersten stärkt und uns mit uns selbst und anderen verbindet.

Heilung durch den Perspektivwechsel:
Weshalb das Briefeschreiben so mächtig ist

Das Schreiben dieser Briefe ermöglicht es uns, uns selbst und unser Leben aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Es lehrt uns nicht nur Mitgefühl und Akzeptanz, sondern lädt uns dazu ein, uns selbst durch die Augen eines wohlwollenden Begleiters zu sehen. Der Perspektivwechsel, den jeder dieser Briefe bietet, hilft uns, festgefahrene Glaubenssätze zu hinterfragen und die Aspekte unseres Lebens zu erkennen, die uns wirklich am Herzen liegen.

Oft vergessen wir im Trubel des Alltags, innezuhalten und uns selbst zuzuhören. Das Briefeschreiben kann uns dazu ermutigen, einen Moment der Stille zu schaffen und unser Leben aus einer distanzierten, objektiveren und vielleicht sogar weiseren Perspektive zu betrachten. Dieser Prozess kann uns Trost spenden, wenn wir mit uns hadern, uns zum Loslassen ermutigen, wenn wir in Eitelkeiten verstrickt sind, und uns zur Liebe führen, wenn wir vergessen haben, was wirklich zählt.

Der Brief als Medium des Perspektivwechsels ist ein Geschenk an uns selbst. Ob wir an unser jüngeres Ich, von unserem zukünftigen Selbst oder aus der Perspektive der bedingungslosen Liebe schreiben – jeder dieser Briefe hilft uns, uns selbst mit Klarheit, Vergebung und Verständnis zu begegnen. In einer Welt voller Ablenkungen lädt das Briefeschreiben uns dazu ein, still zu werden und uns zu erinnern:
Wer waren wir? Wer wollen wir sein? Und was ist es, das unser Leben am Ende wirklich erfüllt?

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