„Koste es, was es wolle“

Im März 2025 jährt sich der erste Lockdown zum fünften Mal – über insgesamt zwei Jahre waren vor allem Frauen zurückgeworfen auf den Eiertanz zwischen Homeoffice und Homeschooling. Dieser Text basiert auf meinen Erfahrungen und Erlebnissen im Jahr 2020….

Aschenputtel & Abstand

Es gibt Tage, da möchte ich mir aus den schicken Seidenstrümpfen, die momentan keiner braucht, und den Wollresten aus dem Werkunterricht der Kinder einen Strick drehen. Es ist nämlich kein Zuckerschlecken, auch wenn wir wie die Weltmeister backen. In den Monaten des Homeschoolings und der Ungewissheit löse ich mich als Person auf und bin nur noch Sekretärin, Animateurin und Köchin, da mir alle Aufträge und beruflichen Verpflichtungen wegbrechen. Das Spielen von Skipbo und Siedler von Catan beginnt unsere Wochen mehr zu strukturieren als die Schule. Und doch machen wir Tag für Tag das Beste aus der Situation, koste es, was es wolle.

Homeschooling & Hausfrauenfrust

Durch das Haus scheppern Stimmen und mir bleibt nur noch die Küche, wo ich neben dem Laptop Pizzateig ansetze, die Lasagne ins Rohr schiebe und Apfelstrudel mit Staubzucker bestreue. Im Alltag Besonderheiten: Diskolicht-Partys, Gruselgeschichten im Kerzenlicht, Lagerfeuer mit Marshmallows. Wir kleben Collagenpostkarten für Verwandte, die wir nicht sehen dürfen, und denken uns jedes Wochenende ein Motto für die Mahlzeiten aus. Aus reiner Langeweile beginnen wir wieder zu rauchen, auch wegen dem aufregenden Kitzel, uns vor den Kindern verstecken zu können. Ich fühle mich müde und leer, doch ich halte den Kopf hoch, koste es, was es wolle.

Burnout & Bier

Eine TCM-Ärztin, kinderlos, mahnt mich mit den Worten „Mehr Beruf, weniger Mama!“, was ein inneres Aufschluchzen auslöst, denn die Kinder sind die ganze Zeit zuhause und der Job ist weg. Wann die Schulen wieder öffnen, steht den Politikern in den Stirnfalten geschrieben. Die beste Burnoutprävention bleibt also backen und wir zaubern Stracciatella-Muffins, Erdbeerrouladen, Krapfen, Raffaello-Rollen mit Krokant, Obsttorten, und zu den vielen Geburtstagen ohne Freunde eine Regenbogentorte, einen Star Wars Kubus, einmal Modell „Alice im Wunderland“, sogar die Akropolis, später Lebkuchen und bunt verzierte Kekse. Koste es, was es wolle.

Krisen & Kälte

Anfang November verübt ein Terrorist einen rassistisch-religiös motivierten Amoklauf in Wien, was mich in schwarze Trägheit wirft. Mitte November bin ich mit den Kindern am Pantherspielplatz am Schlossberg und am Nachmittag findet die Pressekonferenz statt, die wenig überraschend einen harten Lockdown verkündet. Seitdem sind Lokale und Kulturbetriebe geschlossen, der Handel wird so schnell wie möglich wieder geöffnet. Ende November frage ich eine Freundin in einem Brief: „Fühlen sich deine Tage auch an wie Matsch?“ Ich bin wundgescheuert vom Warten und vom Heimchen spielen. Bleib aufrecht, koste es, was es wolle.

Gatsch & Grant

Mitte Dezember beginnt es zu schneien, so viel, dass der Schnee sogar liegen bleibt. Müllsackrodeln schlägt also klar den Mathematikunterricht über MS-Teams und die Kinder sind so lange draußen, bis wir sie in der Badewanne wieder auftauen müssen. Mit roten Wangen sitzen sie beim Abendessen – lange haben wir sie nicht mehr so gelöst erlebt. Wir erkannten unsere Kinder in den letzten Monaten oft nicht wieder: Zuvor souverän, bringen sie jetzt einfache Tätigkeiten zu Tränen. Und ich bleibe weiterhin rund um die Uhr verfügbar als Motivationscoach und Mathelehrerin, koste es, was es wolle.
(Denn was wiegt schon so ein Frauenherz?)

Wie waren deine Erfahrungen damals? Was war das Gute, was das Belastende in den Lockdowns und Zeiten des Wechselmodells in der Schule? Wie ging deine Familie mit den Herausforderungen um?

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