Aus dem Chaos zur Klarheit

Unser Küchentisch sieht an einem durchschnittlichen Tag ungefähr so aus: Parmesankringel. Bücherstapel (von mir). Schulsachen (von den Kindern). Halswehtabletten. Mein Notizbuch. Einkaufslisten. Handyaufladekabel (doch irgendwie ist nie das dabei, das ich gerade bräuchte). Kuverts mit Rechnungen. Und in der Mitte, auf der angepatzten Tischdecke, ein bunter Strauß Blumen aus dem Garten.

„Chaos ist bloß eine Ordnung,
die wir noch nicht verstanden haben.“
Maz Bour

Das offensichtliche Chaos im Haushalt repräsentiert für mich das Chaos, das sich in unser Leben drängt. In all unseren Familiengeschichten steckt so viel Unaufgearbeitetes und damit verbundene Vorstellungen, die verschiedene Ebene betreffen: Die Art und Weise, wie wir unser Geld verdienen, welchen Stellenwert Hobbys und Freunde haben, wie das Geflecht von Beziehungen im Generellen funktioniert.
Meine familiäre Vergangenheit ist ein gewaltiges Chaos, das mir weder Richtung noch Stabilität gab. Und ich hatte nie das Passende in meinen Rucksack für die Reise durch das Leben eingepackt, der immer schwerer und unhandlicher wurde, solange, bis ich mich verwurzelt glaubte, weil ich geheiratet und Kinder bekommen habe. Das war der erste Irrtum beim Versuch, mein Chaos zu besänftigen: Es wurde nämlich immer mehr. Die Verknüpfungen in die Vergangenheit verwickelten sich mit den Zukunftsschnüren und den Herausforderungen einer frischen Familie. Dann ging mein erster Mann und ich stand da, mit so vielen Fäden in den Händen, die nirgendwohin mehr zu führen schienen und ich warf den angefangenen Teppich weg.

Wenn es nach der Aufräumexpertin Marie Kondo ginge (und ich genügend Zeit hätte), wären in unserem Haus nur Gegenstände, die entweder ästhetisch ansprechend oder praktisch sind, im Idealfall beides (wie die Bialetti Machinata und der dazu passende Milchschäumer). Die Basisempfehlung der Konmarie-Methode lautet, jeden Gegenstand im Haushalt kritisch zu betrachten und sich die Frage zu stellen, ob er Freude mache. Bei einer negativen Antwort dürfe man sich bei dem Gegenstand für dessen Dienste bedanken und ihn entsorgen. Allerdings ist es ziemlich egal, ob mir die flach geklopften Bierdeckel, die ferngesteuerten Autos mit kaputter Lenkung, Tonnen von Lego oder all die im Haus verstreuten Comics mit Eselsohren Freude machen. Gegenstände von sieben Menschen bevölkern unser Haus und wenn man nicht von Zeit zu Zeit mit einem Müllsack durchginge, würden sie wie Gremlins ein Eigenleben entwickeln. Beim Punkt Haushalt ignoriere ich sogar, dass wir die Kinder eigentlich nicht anlügen wollen und sage öfters: „Nein, ich weiß wirklich nicht, wo du deine xy hingetan hast…“

Ich löse mich täglich bewusst von Dingen und Gedanken, die mich belasten. Ich habe Briefe verbrannt und Geschenke weitergereicht. Ich habe Dinge, die mich die ganze Kindheit begleitet haben, leichten Herzens weggegeben. Schwereren Herzens die hüftige Dieseljeans, in der ich vor der Geburt der Kinder umwerfend ausgesehen habe. Doch was uns alle in Wahrheit belastet, ist nicht nur der unsägliche Krempel, der sich in unseren Behausungen ansammelt, sondern der Ballast in Herz und Hirn.
Ich versuche, jeden Tag etwas loszuwerden, was kaputt und somit unbrauchbar geworden ist oder einfach nur im Weg steht, auch geistig. Ich will mich nicht mit Kleinigkeiten aufhalten, sondern mit meiner Energie gut haushalten. Dazu gehört, eigene Glaubenssätze oder Bemerkungen anderer loszulassen, die mir und uns nicht guttun. Manchmal entrümple ich auch Vieles auf einmal und miste einen Kasten oder eine Kammer meines Herzens aus.

❤️ In welchen Bereichen deines Lebens herrscht Chaos, welche hast du unter Kontrolle?
❤️ Wo hältst du absichtlich das Chaos aufrecht? Was hast du davon?
❤️ Was würdest du gerne ausmisten? Was passt nicht mehr in dein Leben? Mach eine Liste von Dingen, Gewohnheiten, Zeitfressern, die du loswerden möchtest. Und dann mach dich daran, täglich einen Punkt dieser Liste zu eliminieren.

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